Begegnung mit der Potsdame

Foto: Andreas Kellner

Ein wichtiger Anlaufpunkt für Potsdam West ist das Markt Center. Obwohl seine Architektur Maßstäbe setzt und noch heute eine Bereicherung für die ganze Stadt ist, war es doch in die Jahre gekommen und brauchte eine Verjüngung. Mit frischer Farbe allein war es allerdings nicht getan. Gerade an der Seitenwand zwischen Nebeneingang und Luisenplatz kam diese ja fast ständig wie von allein. Um die Schmierereien zu vermindern, entschied sich das Centermanagement, nun Nägel mit Köpfen zu machen. Mit dem Wunsch nach einem Wandbild auf den unteren vier Metern wandte es sich an die Kommunikationsdesignerin Anna Albert, diese holte nach der Entwurfsphase, zur Umsetzung der Malerei, die Fassadenmalerfirma Sprühsinn dazu.

Ihre Geschäftsadresse hat Anna Albert direkt hinter einem anderen bekannten Wandbild in der Breiten Straße, nämlich im Rechenzentrum. Der Auftrag reizte sie, ausgerechnet in dem Stadtteil, wo sie so lange lebte, nun selbst Großes zu schaffen. Denn sie wusste von Beginn an: Nur die unteren vier Meter der Wand mit einem flächendeckenden Bild zu besprühen, wäre zu wenig. Das Centermanagement willigte ein, die gesamte Seitenfassade zu gestalten und zeigte sich auch mit dem letzten von drei Entwürfen einverstanden, die mit der Vorgabe, einen Bezug zu Potsdam haben zu sollen, eingereicht wurden.

Die Farbpalette wurde aus der Umgebung entlehnt: Von den Hochhäusern die kräftigen Herbstfarben, das Türkis von den Fensterrahmen des Markt Centers, die Dynamik aus der architektonischen Gestaltung. Bereits während der Umsetzung, bei der die Freunde von Sprühsinn tatkräftig unterstützten, war die Resonanz der Anwohner aus der nahen Zeppelinstraße größtenteils positiv. Kunst kann schließlich Orte verändern. Neben aufmunternden Worten zeigte sich Neugier, sogar mit Schokolade stärkte man die Künstler bei der Arbeit. Entstanden ist ein sehr konkretes Bild einer jungen Frau, gerahmt von Reihern.

Bei der Figur handelt es sich um die Potsdame, die weibliche Seite dieser doch eher mit ihren Männern verbundenen Stadt. Bei genauerer Beobachtung findet man in ihrer Bekleidung einige Sehenswürdigkeiten wieder. Gerahmt ist die Potsdame von Reihern, wie sie auch an der Havelbucht zu finden sind. Anders als drüben am Wasser, sind die Reiher am Markt Center aber keine Einzelgänger, sondern flankieren die figürliche Darstellung der Stadt. Ganz absichtlich ist auf abstrakte Kunst verzichtet worden, die beliebig geblieben wäre. Durch die vielen Details gibt es statt dessen die Gelegenheit, jedes Mal etwas Neues zu entdecken.

Die Potsdame begrüßt die Passanten und Potsdam West ist wieder um eine Sehenswürdigkeit reicher. Zu entdecken ist sie auf dem kürzesten Weg zwischen Luisenplatz und Fontänenpumpwerk. | Andreas Kellner

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