Nur mal schnell

Foto: Andreas Kellner

Für gute Verkehrspolitik braucht man einen langen Atem. Vor einem guten Jahrtausend hatte man die Stadt Potsdam noch an zwei wichtigen Handelsstraßen angelegt. Bis heute wurde für diese missliche Lage keine geeignete, zeitgemäße Lösung gefunden. Und wo in anderen Städten schon mal entschleunigende Blumenkübel zerfahren werden, erfüllt hier höchstens mal eine entschleunigende Fahrradspur den gleichen Zweck.

Ob tatsächlich in jedem Potsdamer Verkehrsprojekt das gleiche Herzblut steckt? Lange vor der probeweisen Einengung der Zeppelinstraße in einen spannenden Slalom-Parcours war den meisten Anliegern bereits klar: Das Ergebnis dieser Erprobung wird keine Überraschung mehr. Eher schon die Folgen für die Nebenstraßen. Und mit dem darauf folgenden steigenden Verkehrsaufkommen in der Schollstraße begannen viele zu ahnen: Darauf war wohl niemand vorbereitet. In dem Maße, wie die Zeppelinstraße an Attraktivität für den Durchgangsverkehr verlor, entwickelten sich auch neue Schleichwege, und die Anwohner in der Maybachstraße staunten nicht schlecht, wenn sie innerhalb des Wohngebietes auf engen Fahrbahnen zeitweise kaum noch über die Straße kamen, weil der Verkehr nunmehr von der Kastanienallee durch die Maybachstraße in die Schollstraße verlief.

Was die Leute nun schon wieder haben? Reicht es nicht, wenn die Zeppelinstraße entlastet ist? Nach einigem Drängen wurde – probehalber – auch dieser Schleichweg versperrt, indem er zur Einbahnstraße aus der Schollstraße heraus erklärt wurde. Doch was kümmern schon Einbahnstraßen? Während in Höhe der Haltestelle Schloss Charlottenhof tatsächlich eher wenige gegen die Fahrtrichtung unterwegs sind (Grund könnten die Kameras an der Ampel sein), schreckte die Regelung in der Maybachstraße lange Zeit nicht viele. Kann denn das Navi wirklich unrecht haben, das diese Regelung zunächst nicht kannte? Ein kurzer Blick auf der Kreuzung im Wohngebiet, ob aus der Gegenrichtung Autos kommen – und dann schnell durch die Einbahnstraße.

War vorerst sicher auch die Unaufmerksamkeit gegenüber den neuen Schildern Grund für den Verkehrsverstoß, ist heute ausschließlich Vorsatz zu beobachten, wobei neben Autokennzeichen aus Potsdam auch die umliegenden Landkreise, Berliner und Fernreisende zu sehen sind. Anfangs konnte man sich fast zu jeder Tageszeit an die Straße stellen und das Treiben beobachten. Schließlich ist ja auch bekannt, dass hier so gut wie nie kontrolliert wird. Inzwischen immerhin scheint die neue Verkehrsregelung in den meisten Köpfen angekommen zu sein. Außer für „nur mal schnell“ scheinen sich die meisten nun irgendwie mit der Situation arrangiert zu haben. | Andreas Kellner

Written by BV