Gontardstraße – Mut zur bleibenden Lücke

Foto: Ariane Linde

Weitgehend aus dem Sichtfeld geraten ist das Areal zwischen dem Eisenbahndamm in Richtung Caputh – Geltow und der Forststraße. Also jenes Gebiet, das mit den Straßen Im Bogen, Immenseestraße, Sonnenlandstraße, Gontardstraße und Schlüterstraße beschrieben ist. Die weiten Bahnbrücken-Durchlässe entlang des Werderschen Wegs und der Stormstraße, die scheinbar in ein Nichts führen, deuten an, dass hier zu Bauzeiten Größeres geplant war. Namentlich ein Gewerbegebiet, dessen Planungen mit dem Ersten Weltkrieg eingestellt worden sind.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden Teile dieses und des angrenzenden Gebietes für Wohnbau ausgewiesen: Entlang der heutigen Zeppelinstraße – damals der Neuen Luisenstraße – schon 1919 in Form der Siedlung An der Stadtheide, in den 1920er Jahren der von neuer Sachlichkeit geprägten Siedlung Im Bogen wie auch in Form der Einfamilienhaussiedlung an der Immensee- und der Sonnenlandstraße. 1935, gute zehn Jahre später, war wiederum der Baubeginn der Gontardstraße. Eine wirklich große Lücke markiert die Nummernfolge. 1 bis 38 ist die Nummernfolge auf der Weststraße, 125 bis 161 auf der Ostseite der Straße. Mithin existiert eine Lücke von 86 Ziffern, die nicht vergeben sind – das sind die Nummern von 39 bis 124. Die Gontardstraße sollte über die Schlüterstraße nordwärts hinausgehen, die seinerzeit noch ohne Schulbau war. Das hätte ungefähr bis zum Werderschen Damm und an den Wildparkbahnhof herangereicht.

Die Gontardstraße galt als Vertreterin des Heimatstiles: Anders als das seinerzeit aufkommende und von den Nazis schließlich bekämpfte Bauhaus kam anstelle der Flachdächer wieder das „typisch deutsche Satteldach“ zu Ehren, Schnitzereien vor allem in der ersten Etage sollte handwerkliche Traditionen betonen. Ansonsten unterschied sich die Siedlung recht stark von der Großmannssucht der geplanten und teilweise realisierten NS-Bauten in Berlin. Gemeinsam mit den anderen genannten Siedlungen, die jede ihr ganz eigenes Gepräge haben, steht sie unter Denkmalschutz. | Helmut Krüger

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