Flugkünstler in Gefahr

Einfluglöcher für Fledermäuse an einem Haus auf dem Kiewitt | Foto: Beatrice Volkmer

Artikel aus der MittZeit Das Stadtmagazin für Menschen mitten im Leben, Ausgabe 30/Sommer 2019 | Text: Maren Herbst

Zu wenig Nahrung und Quartiere: Fledermäuse sind vom Aussterben bedroht

Wer genau hinsieht, entdeckt Fledermäuse in der Dämmerung in Parks oder in der Nähe alter Gemäuer. Was da flink durch die Nacht flattert, sind die einzigen fliegenden Säugetiere der Welt. Auf der Erde leben aktuell mehr als 1.200 Fledermausarten, davon 25 in Deutschland. In Brandenburg gibt es 18 verschiedene Fledermausarten, von denen neun in Potsdam gesichtet wurden. Dazu gehören die Fransenfledermaus, die Wasserfledermaus, das Braune Langohr und das Große Mausohr.

Sobald es dunkel wird, werden Fledermäuse aktiv. „Eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang fliegen sie aus, etwa zweieinhalb Stunden später kehren sie in ihren Unterschlupf zurück“, sagt Christiane Schröder vom NABU-Kreisverband Potsdam. Um sich beim nächtlichen Fliegen orientieren zu können, geben die Tiere bis zu 200 Mal pro Sekunde Ultraschalllaute von sich. Die für uns unhörbaren Schallwellen der Laute werden von Objekten und Beutetieren wie ein Echo zurückgeworfen. So weiß die Fledermaus ganz genau, wo sie sich befindet und wo sich ihre Beute aufhält.

Leider gehören Fledermäuse inzwischen zu den weltweit am stärksten bedrohten Säugetieren. Durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft finden sie immer weniger Nahrung. Auch die Quartiersuche wird immer schwieriger. Der Sanierungsboom ist für Fledermäuse, die sich am liebsten in Mauerspalten und Hohlräumen, auf Dachböden und zwischen Dachziegeln verstecken, eine echte Gefahr.

Noch bieten Potsdams viele alte Schlösser und Gebäude Unterschlupfmöglichkeiten, aber es werden von Jahr zu Jahr weniger. „Fledermausquartiere sind laut Bundesnaturschutzgesetz geschützt. Werden sie durch Sanierungen zerstört, muss Ersatz geschaffen werden“, so Schröder. In der Landeshauptstadt Potsdam kümmert sich die Untere Naturschutzbehörde darum. So gibt es etwa Fledermausquartiere an der Rosa-Luxemburg-Grundschule und an der Sportschule am Luftschiffhafen. „Eine Richtlinie für das Einrichten von Fledermausquartieren in allen öffentlichen Gebäuden wäre toll“, sagt die Fledermausschützerin Schröder.

Ruhige Quartiere sind besonders für die mehrmonatige Winterruhe der Fledermäuse überlebenswichtig. In dieser Zeit nehmen sie die Umgebungstemperatur an und zehren von den Fettreserven des Sommers. Die Tiere kuscheln sich zum Wärmen eng aneinander. Werden sie geweckt, kostet sie das viel Energie. Deshalb können zusätzliche Störungen für sie tödlich sein.

In ganz Brandenburg gibt es laut NABU rund 50 aktive Fledermausschützer, in Potsdam sind es bislang nur eine Handvoll. Dabei gibt es viel zu tun. Der NABU organisiert regelmäßig Stadtgänge, bei denen Quartiere gesucht und gesichert werden. Wer sich engagieren will, ist willkommen.

Vor einem Jahr hat der Potsdamer NABU in einem Gewölbe am Fuße des Brauhausberges ein Winterquartier für Fledermäuse eingerichtet. Der Einstieg zu dem ehemaligen Eiskeller liegt an der Rückseite des Sport- und Freizeitbads „blu“. Auf NABU-Initiative entstanden auch Kastenquartiere in der Waldstadt und auf dem Kapellenberg, die regelmäßig kontrolliert werden. „Wie viele Fledermäuse diese tatsächlich nutzen, ist schwer zu sagen“, so Schröder. „Manchmal sind 30 bis 40 Tiere in einem Kasten.“

Wer ein Haus baut, kann den Fledermäusen zuliebe spezielle Dachziegel und Bausteine verwenden, die ihnen Unterschlupf bieten. Bei Umbau- und Ausbauarbeiten beziehungsweise Sanierungen sollten von Fledermäusen genutzte Hohl- und Dachräume nicht ohne vorherige Überprüfung verschlossen und umgebaut werden“, rät die Untere Naturschutzbehörde Potsdam. Also, Augen auf – zum Schutz der faszinierenden Flugsauger!

Fenster auf bei Fledermausalarm
In der sogenannten Schwärmphase der Fledermäuse, in der sie auf der Suche nach Winterquartieren sind, die sie ab Ende Oktober zum Winterschlaf aufsuchen, können sich die Tiere auch mal in Wohnräume verirren. Oft handelt es sich dabei um unerfahrene Jungtiere. Die Fledermäuse sollten weder angefasst noch verscheucht werden. Besser ist es, einfach die Fenster in der Nacht offenzulassen, damit sie ihren Weg nach draußen allein finden.

Für den Fledermaus-Schutz aktiv werden
Wer sich beim NABU-Kreisverband Potsdam für den Schutz der Fledermäuse engagieren möchte, kann sich bei Christiane Schröder melden: 0160.98 24 96 38, mehr Infos bei der Fachgruppe Säugetierschutz: www.nabu-potsdam.de

Fragen zu Fledermäusen
Die Untere Naturschutzbehörde Potsdam kümmert sich um den Schutz von Fledermausquartieren. Sie nimmt Hinweise entgegen und beantwortet Fragen zum Fledermausschutz sowie zum Umgang mit den Tieren. 0331.289-28 56 / -37 68
Die Fledermaus-Hotline des NABU steht für Fragen zur Verfügung: 030.28 49 84-50 00

Ein Fledermausquartier selbst bauen
Eine gute Anleitung dafür gibt es beim NABU: www.nabu.de

Written by BV